Um die zukünftige Entwicklung zur Bautätigkeit einzuschätzen, ist es hilfreich sich einige bundesdeutsche Zahlen des Statistischen Bundesamts anzuschauen, auch wenn diese Daten regionale Unterschiede nicht widerspiegeln. Weitere wichtige Anhaltspunkte sind die Inflationsraten und die Zinsentwicklung.
Aufgrund der Kostensteigerungen gehen Experten gehen davon aus, dass Neubauangebote zurückgehen und Investoren und private Käufer vermehrt auf Bestandsimmobilien zurückgreifen. Dies führt tendenziell zu einer Verringerung der Versiegelung, heißt aber nicht, dass „sich die Probleme auf marktwirtschaftliche Weise von selbst heilen“:
- Projekte, die bereits an Investoren vergeben aber noch nicht begonnen wurden, verteuern sich. Die Investoren werden versuchen, die erhöhten Kosten durch einen höheren Bebauungsgrad und höhere Mietpreise aufzufangen.
- In prosperierenden Ballungsgebieten werden weiterhin Investoren ein Geschäftsmodell in neuen Bauprojekten sehen, diese werden aber für Normalverdiener aufgrund der hohen Kosten kaum erschwinglich sein.
- Zwar werden sich Abriss und ein anschließender Neubau weniger lohnen, allerdings ist dadurch nicht garantiert, dass nun historische Bausubstanz gerettet wird.
- Bauverantwortliche werden aus Kostengründen eher auf „Extras“, wie Mansarden und andere typische Elemente von rheinhessischen Häusern, verzichten.
Der Präsident der Architektenkammer Rheinland-Pfalz, Joachim Rind, sagte hierzu prägnant in einen Interview im Februar 2022 :
„Wir müssen weniger, viel weniger neu bauen. Es gibt einen riesigen Gebäudebestand. Dort sind wahre Schätze gebunden: im Bau aufgewendete Energie, endliche Materialien, z.B. Sand und – ebenso wichtig – Erinnerungen von der Kultur bis zur Alltagsgeschichte. Durch Instandhaltung, Weiternutzung und Umnutzung heben wir diese Schätze. Einfach Abriss und Neubau war gestern.“ Quelle: Sonderbeilage der AZ zum Jahresempfang der Wirtschaft (7.2.2023).
Daher wird es eher wichtiger, dass die bestehende Gestaltungs- und Erhaltungssatzung konsequent in Bebauungspläne eingebunden wird. Die Gründe für unsere Einschätzung versuchen wir in den folgenden Abschnitten mit Statistiken und zusätzlichen Informationen zu untermauern.
Preise Für Bauland und Häuser
Wie man an der folgenden Darstellung sieht, haben sich die Preise für Häuser und Bauland seit 2020 ungefähr verdoppelt (gezeigt ist die Entwicklung zwischen 2001 und 2021, wobei der Index für das Jahr 2000 auf 100 gesetzt wurde). Nachdem die Häuserpreise für 10 Jahr nahezu konstant blieben, hat sich Anstieg hat sich in den letzten Jahren deutlich verstärkt.
Materialpreise und Inflation
Bereits 2021 erhöhten sich z.B. die Preise für Konstruktionsholz um 77% und die Preise für Betonstahl um 53% (Pressemitteilung Statistisches Bundesamt ). Die Entwicklung der Inflationsrate (Quelle: https://index.fmh.de/ ; abgerufen 1.6.2022) zeigt auch die ersten Auswirkungen der großen Kostensteigerung bei Energien und Rohstoffen im Jahr 2022:
Zinsen für Baudarlehen
Trotz der steigenden Preise stieg die Bautätigkeit in den letzten Jahren an, da die Zinsen auf historisch niedrigem Niveau lagen. Dies ermöglichte weiterhing die Finanzierung für privaten Bauherren und führte zu einer sicheren Rendite für Investoren. Die Zinsen haben haben sich allerdings in den ersten Monaten des Jahres 2022 deutlich erhöht, wie man an der folgenden Grafik sieht (Quelle: : https://index.fmh.de/ ; abgerufen 1.6.2022):
Es ist anzunehmen, dass Zinsen (und Baukosten) weiter ansteigen.
Weniger Versiegelung?
Ein Focus Artikel vom 2.6.2022 mit dem Titel: „Immobilien-Neubau in der Krise: „Wir werden einen heftigen Rückgang erleben“ legt nahe, dass Investoren in Zukunft vermehrt auf Bestandsimmobilien ausweichen werden. Zitat Jens R. Rautenberg: „Da im Neubau das Angebot drastisch zurückgehen wird, wird der Bestand für Investoren, aber auch private Immobilienkäufer der neue Liebling werden“.
Für die Eindämmung der fortschreitenden Versiegelung ist dies zunächst eine positive Nachricht. Möglicherweise werden auch die Preise für Bauland weniger ansteigen. Dies heißt aber nicht, dass sich nun „Probleme von selbst heilen“, wie eingangs beschrieben.