Planung neuer Windenergieanlagen im sensiblen Talraum nahe dem Haybach
In den letzten Wochen ist deutlich geworden, dass zwischen dem fortgeschrittenen Stand der Planungen für neue Windenergieanlagen und der Information der Klein-Winternheimer Bevölkerung eine erhebliche Lücke besteht. Obwohl dieses Thema nicht zu den Hauptanliegen von BIGLIK gehört, möchten wir die Sachlage schildern, weil zum „Guten Leben“ nicht nur der Ort selbst, sondern auch die Umgebung gehört.
Aktueller Stand
Der Windpark „Mainz/Klein-Winternheim“ hat in den letzten drei Jahren seine Leistung nahezu verdoppelt und die Ausbauziele bis 2030 fast erreicht. Dennoch gibt es inzwischen konkrete Planungen für zwei weitere Neuanlagen im Hangbereich zwischen den beiden Wingertshäuschen, nahe der Mariengrotte in der Ober-Olmer Gemarkung. Die Pläne wurden am 3.4.2024 im Ober-Olmer Gemeinderat durch das Unternehmen wiwi Consult ausführlich vorgestellt; der genaue Ort ist den direkt Beteiligten bekannt, uns nicht. Es gibt nur noch zwei Hürden vor einem Bau: die noch ausstehende Zustimmung einzelner Grundstückseigentümer und die Verabschiedung des Bebauungsplan.
Kritik am Standort
Das vorgesehene Gebiet ist laut Windatlas weniger windgünstig als der Hügelkamm und liegt in einem sensiblen Naturraum mit Starkregen- und Rutschzonen sowie einer archäologischen Schutzzone. Zudem ist es ein landschaftlich abwechslungsreiches Naherholungsgebiet mit beliebten Ausflugszielen (Wingertshäuschen, Mariengrotte, Rastbänke, „Hangsofa“), das durch die geplante Renaturierung des Haybachs weiter aufgewertet wird.
Warum trotzdem dort?
Ober-Olm möchte auf ihrem Gemeindegebiet Energieanlagen errichten, auch weil die Gewerbesteuereinnahmen attraktiv sind. Der von ihrem Ortskern weit entfernte Standort lässt für sie keine Akzeptanzprobleme erwarten. Die Eigentumsverhältnisse an anderen Standorten auf dem Hügelkamm sind kleinteiliger und erhöhen den Verhandlungsaufwand für den Investor.
Weitere Auswirkungen
Neben der Aufstellfläche der Windräder müssen Zuwegungen und ein großer Installationsbereich geschaffen werden. Der typische Flächenbedarf ließ sich an der kürzlich errichteten 6,2-MW-Anlage mit ca. 80 m langen Rotorblättern in Hechtsheim beobachten.
Alternativen
Für die wetterbedingten Schwankungen in der erneuerbaren Energieversorgung braucht es eine Mischung aus Wind- und Solaranlagen. Obwohl die Ausbauziele bis 2030 regional bereits erfüllt sind, bestehen auch hier weitere Möglichkeiten: Auf Mainzer Gebiet sind zusätzliche Anlagen geplant, fünf bestehende Anlagen des Windparks eignen sich für ein Repowering, da sie bis spätestens 2030 aus der Förderung herausfallen, und auch auf dem Hügelkamm gibt es Raum für neue Projekte – sowohl auf Ober-Olmer als auch in Klein-Winternheimer Gebiet.
Position der Gemeinde
Die Gemeinde Klein-Winternheim hat sich einstimmig gegen die geplante Nutzung des Talgebiets ausgesprochen – sowohl im Rahmen des Flächennutzungsplans als auch bei der Offenlage der Unterlagen. Juristische Schritte werden geprüft, die Erfolgsaussichten sind allerdings begrenzt, da Ober-Olm das Vorhaben auf ihrem Gemeindegebiet ausdrücklich unterstützt.
Für Interessierte: Die Vorgeschichte
Die Verbandsgemeinde Nieder-Olm hat Anfang 2024 – noch vor dem übergreifenden Raumordnungsverfahren – einen Flächennutzungsplan für Windenergieanlagen vorgestellt. Damit wollte sie selbst mitbestimmen, wo in ihrem Gebiet künftig Windräder gebaut werden können. In diesem Plan wurden einige ursprünglich vorgesehene Flächen gestrichen. Allerdings nicht im Gebiet rund um Klein-Winternheim, wo der Bereich in dem Windenergieanlagen gebaut werden können, nun doppelt so groß wie im alten Flächennutzungsplan ist. Zur Begründung hieß es, es sei „… insbesondere für Klein-Winternheim eine gewisse vorhandene Gewöhnung an den Anblick von Windrädern anzunehmen.“
Insgesamt sollen rund 4 % der Fläche der Verbandsgemeinde für Windenenergie nutzbar sein – etwa doppelt so viel wie es die Richtschnur für Rheinland-Pfalz vorsieht. Der Plan wurde gegen die Stimmen von Klein-Winternheim und Sörgenloch beschlossen. Die Einwände bei der Offenlegung wurden behandelt, aber nicht übernommen; die nötigen Gutachten lagen vor. Obwohl in der Verbandsgemeinde ein gemeinsamer Konsens angestrebt wird, sind solche Mehrheitsentscheidungen rechtlich zulässig. Wichtig zu wissen ist: Was im Flächennutzungsplan steht, kann umgesetzt werden – muss aber nicht. Das eigentliche Raumordnungsverfahren wurde Anfang 2025 nachgeholt. Auch dabei sprach sich Klein-Winternheim erneut einstimmig gegen die Pläne aus.
Pläne:
Übersichskarte mit den bestehenden Windenenergieanlagen und dem neu für die Windenergie geöffneten „Teilgebiet 3“ (ein zehntes Windrad liegt außerhalb der Karte; es eine weitere 6,2 MW Anlage in Hechtsheim ist geplant, die 2026 in Betrieb gehen soll).

Ausschnitt aus dem Luftbild mit dem neuen „Teilgebiet 3“ für die Windenergienutzung (rot umrandet). Die Positionen der Wingertshäuschen und der Mariengrotte sind ebenfalls eingezeichnet. Die genauen Orte der geplanten Anlagen sind noch nicht öffentlich.

